Technik und RechtAnbau oder Tausch von Zubehör- und Fahrzeugteilen an Motorrädern
Die nachfolgende Darstellung richtet sich an den interessierten Motorradfahrer, der alles richtig machen möchte. Sie geht deshalb nicht in die letzte Verästelung einer juristischen Aufbereitung - da gebe ich nötigenfalls Antworten auf Einzelanfrage.Ein wichtiger Grundsatz:Nur menschliches Handeln, sprich Tausch, Einbau, Abbau, oder Verändern im engeren Sinn (z.B. verbiegen) kann Folgen hinsichtlich der Betriebserlaubnis haben. Unfallfolgen am Motorrad sind dafür nicht von Bedeutung. Die Rede ist hier ferner nur von Fahrzeugen, die eine Betriebserlaubnis brauchen - in unserem Fall dem Motorrad. Allgemein bekommt der Hersteller oder Importeur eines Motorrades nach umfangreichen Tests eine ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis), die für eine ganze Fahrzeugserie gültig ist und vom KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) ausgestellt wird. Für Einzelfälle (Edelbastler baut aus verschiedenen Komponenten sein Motorrad) gibt es die Einzelbetriebserlaubnis beim Sachverständigen. Der Nachweis der Betriebserlaubnis ist der Fahrzeugbrief (seit einiger Zeit Zulassungsbescheinigung Teil II).Dazu gehört auch das sogannte COC-Papier -das Zertifikat der EU, in welchem weitere Details (z.B. Motor- und Fahrgestell-Nr.) angegeben sind und in dem die Übereinstimmung mit den europäischen Vorschriften dokumentiert wird. Ist dieses Papier erstellt, darf nur noch der Hersteller selbst im engen Rahmen Veränderungen in der Serie einfließen lassen “ oder die Erlaubnis erteilen, dass herstellerfremde Teile eingebaut oder verwendet werden. Davon gibt es zahlreiche Ausnahmen, die ich im Wesentlichen nennen will. Die häufigsten Änderungswünsche bei Motorrädern beziehen sich auf Reifen, Auspuffanlagen und Lenker. Eine Sonderrolle spielen dabei wiederum die Reifen, weil diese in Deutschland häufig nicht nur mit ihrer Dimension, sondern zusätzlich mit Markenbindung eingetragen werden. Leider findet sich in der neuen Zulassungsbescheinigung trotz Markenbindung oft nur dieser- oder ein ähnlicher Verweis "siehe Betriebserlaubnis." Das macht im Zweifelsfall eine Anfrage z.B. bei TüV oder Dekra erforderlich. Gelegentlich findet man aber auch bei den Fahrzeugherstellern weitere zulässige Reifen/Reifengrößen. Reifen Europaweit wurde bei Erteilung der BE (Allgemeine Betriebserlaubnis) für Fahrzeuge die Markenbindung bei Reifen aus Wettbewerbsgründen aufgehoben. Deutschland backt eigene Brötchen - meist nur bei Motorrädern. Hier wird vielfach neben der Reifendimension auch die Marke eingetragen. Verantwortlich für die Erteilung der ABE ist das KBA (Kraftfahrt-Bundesamt). Damit ist die Reifenmarke rechtlich gesehen Bestandteil der BE. Wird sie einfach so geändert, kommt es nach Auffassung vieler Experten zum Erlöschen der Betriebserlaubnis des Fahrzeuges. Ich teile diese Meinung nicht. Seit der Änderung des § 19 Abs.2 und 3 StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungsordnung) geht der Gesetzgeber aber davon aus, dass durch eine Änderung (also z.B. dem Wechsel der Reifenmarke) eine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer zu erwarten sein muss. Angesichts des heutigen technischen Standarts in der Großserienfertigung sind zwar nach wie vor deutliche Unterschiede der verschiedenen Reifenmarken hinsichtlich ihres Laufverhaltens zubejahen, jedoch keinesfalls ist "eine Gefährdung zu erwarten". Wäre dies so, dürfte der Reifen des betreffenden Herstellers für ein Kraftrad erst gar nicht auf den Markt kommen. Es gibt einen Katalog des Bundesministers für Verkehr, in dem beispielhaft gefährlichen Änderungen aufgezeigt werden. Ich bin ganz klar der Meinung, dass beim Reifen-Markenwechsel mit zweierlei Maß gemessen wird, denn heute gilt grundsätzlich bei der Produktion von Pkw- und Motorradreifen, dass die Qualitätsunterschiede so nah beieinander liegen, dass weder bei Pkw noch bei Motorrädern ein Markenwechsel bei den Reifen die Betriebserlaubnis berührt. Bei Pkw erfolgt tatsächlich keine Markenbindung, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Motorräder werden hier sehr häufig anders behandelt. Aber eines ist klar zu stellen: Der Verwendung von Reifen zweier unterschiedlicher Hersteller auf Vorder- und Hinterrad rede ich nicht das Wort-dazu sind die Konstruktionen der Karkassen bei sonst gleicher Größe oft zu stark abweichend. Auch wenn mancher Prüfer argumentiert, ein Motorrad habe nur zwei Räder. Das Ergebnis bleibt gleich - ob ich nun vier oder zwei fehlerhaft konstruierte oder ungeeignete Reifen habe. Da ist das Einfahren von neuen zugelassenen Reifen gefährlicher, als der Markenwechsel. Seit ca. 2022 gibt es zu dem Poblem "Reifenmarke" eine Neuregelung, die ich hier zitiere und an anderer Stelle erläutert habe https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Strassenverkehr/rad-reifenkombination-kraftraeder.html unter anderem ist dort nachlesbar- Originalzitat: Fall 1a: Gleiche Reifengröße, anderer ReifenherstellerIn der Übereinstimmungsbescheinigung (engl. Certificate of Conformity, COC) bzw. in der Zulassungsbescheinigung (ZB) Teil I ist ein Reifen von Hersteller A eingetragen. Verwendet wird ein typgenehmigter Reifen des Herstellers B der gleichen Reifenbauart (*) mit gleicher Größenbezeichnung, alle übrigen Parameter z. B. Tragfähigkeitskennzahl, Geschwindigkeitskategorie sind gleich oder höherwertig. Beurteilung:
Was tun:Leider kann ich die Rechtlage nicht ändern, aber ich kann Hinweise auf eine rechtskonforme Handlungsweise geben. Im vorliegenden Fall kommt eine ganze Paragraphenkette zur Anwendung, beginnend mit Der amtlich anerkannte Sachverständige kann in einem Einzelgutachten die Betriebserlaubnis um eine ander Reifendimensione erweitern. Kostet nach Arbeitsumfang 30-50 Euro. Wird z.B. von einem gleichartigen Modell der Brief vorgelegt, in dem der Reifen eingetragen ist, wird das die Entscheidung erleichtern. Eine größere Prüfstelle wird unter Umständen über entsprechende Datensammlungen verfügen, so dass sie daran feststellen kann, was zulässig ist. Die gängige Möglichkeit war vor der o.g. Verordnungt die Freigabe einer anderen Reifenmarke oder einer anderen Reifendimension, die allerdings in zwei verschiedenen Versionen existiert. Mit der Freigabe durch den Motorradhersteller oder Importeur hat man die Freifahrkarte. Der Reifen darf auch ohne Eintragung gefahren werden, denn der Hersteller hat in gewissem Umfang das Recht, Veränderungen in die an ihn vergebene ABE aufzunehmen. Die Freigabebescheinigung würde ich mitführen - erspart Ärger. Freigabe 2 kommt vom Reifenhersteller. Das ist aber ein Auslaufmodell. Die in/ab 2020/2022 gültige Regelung des BMV für Reifenhersteller sieht dies nicht mehr vor. Für den Übergang bis 2025 ein Beispiel: http://www.metzelermoto.de/ ).Die bereits ausgestellten Freigaben von Reifenherstellern behalten ihre Gültigkeit bis längstens 2025. Ab 2020 dürfen die Reifenhersteller keine neuen Freigaben für geänderte Reifengrößen mehr aushändigen. Eine abweichende Reifengröße ist dann eintragungspflichtig. Es muss bei TüV oder Dekra begutachtet und eingetragen werden. Die Regelung gilt für alle Reifen ab Herstellungsdatum 2020 und ab dem Jahr 2025 für alle Reifen. Anderenfalls erlischt der Betriebserlaubnis. Ich will hier für Nichts und Niemanden Reklame machen. Dennoch weise ich darauf hin, dass neben dem TüV seit länger Zeit auch die DEKRA bei Betriebserlaubnisfragen weiterhelfen kann und darf. Allerdings gibt es bei den Abnahmebefugnissen zwischen Deutschland West- und Ost bei den Organisationen hinsichtlich der Betriebserlaubnis noch Unterschiede.
Auch die letzte Möglichkeit soll erwähnt werden. Dazu muss die Bauartgenehmigung kurz erklärt werden. Sie ist eine deutsche Eigenart, die in § 22a StVZO geregelt wird und hauptsächlich Scheiben, Beleuchtungseinrichtungen aller Art und Verbindungseinrichtungen (Anhängerkupplungen) betrifft. Motorräder sind betroffen, weil sie sowohl Scheiben (Verkleidung) als auch vielfältige Beleuchtungseinrichtungen haben. Diese Bauartgenehmigung gilt als erteilt, wenn z.B. der Scheinwerfer oder die Verkleidungsscheibe über das E1 usw. oder über eine Wellenlinie (alte, rein deutsche Vorgabe) verfügt. Auch Anhängerkupplungen an Motorrädern sind erfaßt. Eine Absurdität am Rande: Jedes der in § 22a StVZO genannten Fahrzeugteile, auch an solchen Fahrzeugen, die nicht betrieberlaubnispflichtig sind, z.B. die Beleuchtung und rückstrahlende Einrichtungen an Fahrrädern, unterliegen dieser Verpflichtung. Wenn das Zeichen auf einem bauartgenehmigungspflichtigen Teil vorhanden ist, dann darf es mit wenigen Ausnahmen (teilweise Anhängerkupplungen) ohne Prüfung durch den Sachverständigen verwendet werden. Die für Veränderungen nur schwer zu interpretierende Vorschrift, die bei z.B. Lenkern und Fußrasten Anwendung finden kann, ist die Nr. 2 des § 19.Abs. 2 StVZO. Dort heißt es: "Veränderungen des Fahrzeuges, die eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer erwarten lassen" (führen zum Erlöschen der BE). Einfach ausgedrückt: Es muß eine aktive und zielgerichtete menschliche Handlung = Eingriff am Fahrzeug erfolgen, der - das ist der 2te, schwer zu beschreibende Zustand- eine Gefahr erwarten läßt. Im Zweifelsfall untersucht ein Sachverständiger, ob durch den Eingriff eine derartige Gefahrensituation herufbeschworen werden kann -oder nicht. Praktisches Beispiel: Der Motorradlenker, die Verkleidung, die Windschutzscheibe. Hier könnte etwa ein Eigenbau, die Verwendung einer nicht geprüften Scheibe usw. dazu führen, dass eine Gefahr zu erwarten wäre. Anders begründet- wann ist dieser Gefahrengrad nach einer Änderung nicht gegeben? Grundsätzlich z.B. dann, wenn ein Motorradlenker an der Sonderausführung eines bestimmten Motorradtyps verwendet wird, an der Basisausstatung aber nicht. Dann ist natürlich naheliegend keine Gefahr zu erwarten, wenn man diesen Lenker an die Basesversion anbaut. Folge könnte je nach Auslegung eine Mängelkarte sein, in der die Überprüfung des Anbaus verlangt wird (man denke an die Verlegung von Kabeln, Seilzügen oder Bremsleitungen). Zusammenfassung:
Na, alle verwirrt? oder erkannt wie`s geht?Fehlt noch das Versicherungsrecht:In allen vorgenannten Fällen erlischt der Versicherungsschutz des Fahrzeuges nicht - auch dann nicht, wenn man der vorgeschriebenen Eintragungspflicht nicht nachgekommen ist. Selbst dann, wenn es durch fahrlässige Einbaufehler zu einem Unfall kommt, zahlt die Versicherung. Aber in der Regel wird sich der Versicherer auf die Verletzung sogenannter Obliegenheitspflichten berufen, das heißt, dass er den "Schuldigen" in Regress nehmen kann. Im Klartext: Die Versicherung fordert nach der Schadenabwicklung ihr Geld teilweise zurück. Teilweise deshalb, weil die Höhe dieser Regressnahme auf 5000,-(unerliegt zeitlichem Wandel‚¬ beschränkt ist. Selbst wenn der eingetretene Schaden höher ist, bleibt es bei dieser Einschränkung. Tags für diesen Artikel: ABE, Bauartgenehmigung, E1, Freigabe für Reifen, Gutachten, Recht, StVZO, Technik, Teilegutachten Trackbacks
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Bitte um Hilfe.
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